Hausverbot im Espresso House, meinem Lieblingscafé.
15. Januar 2025.
Ich habe mich auf den Weg in die Stadt begeben. Es war noch eine Stunde bis 11 Uhr. Dem Zeitpunkt ab dem ich mich mit dem obdachlosen Mann im Espresso House treffe. Ich bin daher in die Haustreff Lobby gegangen, um dort wegen des Hilfeangebots für obdachlose Menschen nachzufragen. Der gestrige Anruf hat nicht viel gebracht. Daraufhin habe ich gestern Abend noch eine E-Mail an die Haustreff Lobby geschrieben und den Fall ausführlicher geschildert. Da ich noch keine Antwort erhalten habe, bin ich eben dort persönlich vorbeigegangen.
Tim von der Haustreff Lobby hat den Fall angehört. Leider ist die Vermittlung der Notunterkünfte tatsächlich nicht möglich, wenn der Mann nicht in Hildesheim gemeldet ist. Aber er kann zumindest mitgeteilt, dass der Mann dort seine Wäsche waschen und frühstücken kann. Das ist doch schon mal eine sehr erfreuliche Nachricht. Tim hat mir außerdem empfohlen bei der "ambulanten Hilfe für wohnungslose Frauen u Männer" direkt gegenüber vorbeizuschauen. Also habe ich das gemacht.
Bei der ambulanten Wohnungslosenhilfe wurde der Fall angehört und mir eine Visitenkarte mitgegeben. Wenn ich das nächste Mal den wohnungslosen Mann sehe, kann ich ihn zu ihnen schicken. Super!
Auf dem Weg ins Espresso House bin ich Malte, dem gestrigen Promoter, begegnet, der es geschafft hat, mein Ego loszulassen und mich zum Spenden zu überzeugen.
Im Espresso House angekommen, war es noch recht leer dort. Eine blonde Mitarbeiterin mit einem recht skeptischen Blick geht hinter dem Tresen auf mich zu.
"Du bist doch Alexander, oder?", fragt sie mich.
In diesem Moment wusste ich, dass es soweit ist.
"Du hast hier ein Hausverbot", führte sie fort.
"Gut. Ich habe ich mir schon gedacht, dass das passieren wird", antwortete ich ruhig. Trotzdem merkte ich, wie mein Ego getroffen wurde. Das Gute ist, dass ich mich mit dem verletzenden Gefühl, wie damals, beim Hausverbot beim Transeuropa Festival, nicht identifiziert habe. Ich habe mich daher als Außenbeobachter meiner Gefühle, nicht angegriffen gefühlt.
Ich bin aus dem Espresso House raus, blicke in den Himmel und sehe den herunter tröpfelnden Nieselregen. Amor Fati. Ich liebe mein Schicksal, denke ich mir und gehe ins benachbarte Tchibo Café.
Bei einem Hafercappuccino lasse ich das Hausverbot sacken. Das Ego ergreift mich wieder. Ich reiße ein kleines Papierblatt heraus und schreibe Folgendes drauf:
"Bitte um eine schriftliche Bestätigung des Hausverbots (mit einer Begründung).", dazu hinterlasse ich meine E-Mail-Adresse.
Ich gehe wieder ins Espresso House. Eine andere Mitarbeiterin, die mir am 5. Januar eine Schachtel gegeben hat, damit ich eine verletzte Taube dort transportieren kann, auf mich zu. Ebenfalls mit einem nicht so begeisterten Blick.
"Hi, mir wurde gerade mitgeteilt, dass ich Hausverbot hier habe. Könntest du deiner Chefin diesen Zettel übergeben, damit sie mir schriftlich das Hausverbot schickt?"
Sie stimmte zu und nahm den Zettel entgegen.
Es ist passiert. Ich habe nun ein Hausverbot in meinem Lieblingscafé, dem Espresso House. Ich verabschiede mich von meinem Schwager, hebe meine arme in den Himmel und flüstere: "Tschüss Espresso House. Es war schön hier die Zeit zu verbringen".
Ich begebe mich in die Stadtbibliothek, um dort bis 11 Uhr zu warten.
Ich wollte mein Versprechen gegenüber dem obdachlosen Mann nicht brechen. Ich bin zurück zum Espresso House. Ich habe mich draußen unter einer Markise gestellt und auf den Mann gewartet.
Nach einer halben Stunden kam er endlich auf das Espresso House zu.
Wir begrüßten uns mit einer Umarmung. Ich habe ihm die neuesten Informationen mitgeteilt und 10 Euro in die Hand gedrückt, damit er sich etwas zu essen kaufen kann. Ich habe ihn wohl etwas falsch verstanden. Er muss scheinbar nicht den Aufenthaltstitel in Hamburg beantragen, sondern nur abholen. Aber er kann nicht hin, weil er keine 80 Euro für eine Fahrkarte hin und zurück hat.
Ich habe etwas nachgedacht und ihm einen Vorschlag gemacht, morgen gegen 11 Uhr am Bahnhof zu treffen. Ich werde für ihn nach Hamburg fahren und seinen Aufenthaltstitel abholen. Schließlich habe ich ein Deutschlandticket. Ich drucke für morgen die Empfangsbevollmächtigung aus, er füllt sie aus und dann fahre ich nach Hamburg. Er war mit dem Vorschlag einverstanden und hat sich sehr darüber gefreut.
Was mache ich nun? Ich brauche ein neues Café oder einen neuen gemütlichen Ort, wo ich mich täglich aufhalten möchte. Am liebsten mit freiem WLAN, Steckdosen und Kaffee. Doch welches Café ist denn vergleichbar mit einem Espresso House? Mmm.
Ich habe mich erstmal in die Universitätsbibliothek begeben, um dort den heutigen Tag etwas ausführlicher im Tagebuch festzuhalten. Schließlich ist das ein recht einschneidendes Hausverbot. Aber ich weiß ganz genau - im Laufe der Zeit werde ich mich sehr darüber freuen, dass dieses Hausverbot zustande gekommen ist, weil ansonsten ein anderes (noch unbekanntes) Zukunftsereignis wahrscheinlich nicht eintreten wird.
Auf dem Weg mit dem 4er-Bus zur Hildesheimer Universität habe ich ein Poster draußen entdeckt, auf dem "Ü30 Party - 90er und 2000er Hits" steht. Im Cube am 18. Januar. Eintritt 12 Euro. Ich war noch nie im Cube. Wäre das vielleicht eine gute Gelegenheit dem Cube einen Besuch abzustatten und mal wieder auf der Tanzfläche zu performen? Ich gehe ab im Infinity Club Hannover (2022).
Nachdem ich den Fall aufgeschrieben habe, habe ich das Buch von Eckhart Tolle zum zweiten Mal fertig durchgelesen. Heute fange ich an, es das dritte Mal zu lesen. Ich werde es solange immer wieder durchgelesen, bis keine Aha-Erlebnisse mehr kommen und das Erwachen mittels des Buchs nicht mehr weiter stattfindet.
Auf dem Weg zurück von der Unibibliothek habe ich bei der Paxino Manufaktur vorbeigeschaut. Ich habe nachgefragt, ob ich hier auch längere Zeit am Laptop sitzen dürfte, denn in einigen Cafés wird es nicht geduldet. Die Mitarbeiterin hat gesagt, dass es während der Woche kein Problem ist. Nur am Wochenende, wenn es voll ist, wird es kritisch. Freies WLAN, kleine Tischchen sowie Toiletten sind hier vorhanden. Wird Paxino Manufaktur am hohen Weg mein neues Stammcafé sein?
Während der Busfahrt nach Hause, habe ich eine unbeschreiblich schöne Gegenwärtigkeit erlebt. Kein einziger Gedanke erschien im Kopf. Ich war vollkommen im Hier und Jetzt. Göttliche Zufriedenheit konnte ich in mir wahrnehmen. WOW! Ich will nochmal in diesen Zustand kommen! Wie habe ich das geschafft? Dieser Zustand kam so unerwartet, so spontan.
Bei dem heutigen Abendessen mit der Familie haben wir über das Hausverbot gesprochen. Alle raten mir, dass ich sensible Tagebucheinträge (wo ich Intimes sehr detailliert beschreibe) aus der Vergangenheit löschen sollte. Ich bin da anderer Meinung. Es war meine Vergangenheit und ich stehe dazu. So habe ich damals geschrieben. Ich würde natürlich heute so nicht schreiben, weil ich aus der Geschichte mit ZORA Hildesheim gelernt habe. Jetzt bin ich anders. Blöd nur, dass sich einige Menschen irgendwelche alten Tagebucheinträge von mir durchlesen und mich dann direkt in irgendeine Schublade stecken (meistens in eine Frauenverachter-Antifeminist-Macho-Schublade). Sie glauben nach dem Lesen irgendeines Tagebucheintrags, alles über mich zu wissen. Schade.
Am Ende des Tages bin ich sehr froh darüber, dass ich ein Hausverbot im Espresso House bekommen habe. Das hat mich irgendwie mehr in die Gegenwärtigkeit gebracht und mich dazu "gezwungen" etwas Neues auszuprobieren.
LEB WOHL ESPRESSO HOUSE! ❤️
Ein paar Fotos...
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